Der Rote Faden…

21. Mai 2025 | 0 Kommentare

Wenn ich kein Blau habe, nehme ich Rot. Pablo Picasso

In diesem Artikel widme ich mich der dritten Grundfarbe in meiner Farb-Trilogie: Rot. Nach Blau und Gelb folgt nun der wohl leidenschaftlichste Ton des Spektrums.

Rot: Ursprünglich, lebendig, ausdrucksstark

Schon lange, bevor Blau sich in unser kollektives Bewusstsein schlich, hatte Rot seinen festen Platz – als Urfarbe der Menschheit.
Gemischt aus Ocker, Tierfett oder Blut wurde sie auf Höhlenwände aufgetragen: als Spur, als Zeichen, als stille Botschaft.
„Ich war hier. Ich fühle. Ich lebe.“ – so spricht diese Farbe durch die Zeiten.

Auch sprachlich ist Rot eine der frühesten Farbbenennungen: Nach der Unterscheidung zwischen Hell und Dunkel kam im Sprachgebrauch schnell das Wort „Rot“.
Und noch ein kleiner Exkurs: Das Bild war historisch lange vor der Schrift da – ganze 25.000 Jahre früher!
Doch: „Während Schrift und Bild zeitlich auseinander gehalten werden können, ist das bei Bild und Wort nicht so einfach. Gesellschaften ohne Schrift sind noch lange keine Gesellschaften ohne Sprache…”
(Pandel, H.-J., 2009)
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Im Schul-Tuschkasten begegnen uns meist nur Zinnoberrot, Karminrot oder Bordeaux – dabei gibt es unzählige Schattierungen.
Der amerikanische Pantone® Farbfächer zum Beispiel unterscheidet Farben nicht nur nach Codes, sondern vergibt auch klangvolle Namen wie:

Aurora Red, Viva Magenta, Living Coral, High Risk Red

Bereits diese Namen wecken unmittelbare Assoziationen – oft emotional, intensiv, lebendig.
Rot steht selten still.

Der deutsche Chemiker Carl Liebermann entwickelte gemeinsam mit C. Graebe das erste synthetische Rotpigment „Garance“ – benannt nach der Figur Garance aus dem französischen Filmklassiker „Kinder des Olymp“ (1947).
Garance – eine Frau, die vier Männer gleichzeitig verzaubert, verschwindet, wiederkehrt und mit ihrer Präsenz alte Wunden aufreißt. Eine Figur wie die Farbe selbst: schön, widersprüchlich, unvergesslich.

https://www.filmposter-archiv.de/filmplakat.php?id=3973

Rot – das ganze Spektrum der Gefühle

Keine Farbe ist emotional so aufgeladen wie Rot.
Wir verbinden sie mit Angst, Intimität, Liebe, Wut, Zorn – sie steht für das ganze Spektrum der inneren Bewegung.
Sie zieht unsere Blicke an, fordert Aufmerksamkeit, lässt sich nicht ignorieren.

Auch Redewendungen greifen diese Kraft auf:

  • Rosarote Brille: idealisierte Sichtweise, Realität wird ausgeblendet (siehe auch: „Blauäugig“: naiv und unkritisch – mehr dazu in meinem Blogtext zur Farbe Blau)
  • Ich sehe Rot!: ein Ausbruch steht bevor – Wut will sich Raum verschaffen

Wut – unterdrücken oder ausdrücken?

Wut war lange verpönt.
Schon in der Antike galt sie als gefährlich: Der römische Philosoph Seneca schrieb in „De Ira“ über die Wut als etwas Zügelloses, das es zu bändigen galt.
Bis ins 17. Jahrhundert wurde sie eher Kindern, Frauen, Alten und Kranken zugeschrieben – als Zeichen von Schwäche.
In Religionen gilt Zorn bis heute teils als „geistige Unreinheit“: im Buddhismus als zu überwindende Emotion, im Christentum als Todsünde.

Heute wissen wir es besser:
Psycholog*innen sehen in unterdrückter Wut ein hohes Risiko für psychische Belastung, körperliche Symptome und Stressreaktionen.
Zähneknirschen, Bluthochdruck, Hautprobleme oder Verdauungsbeschwerden können Folgen unterdrückter Gefühle sein.
Hinter der Wut steckt meist ein unerfülltes Bedürfnis – und dieses darf Raum bekommen.

Künstlerischer Ausdruck als Ventil

Ein gesunder Umgang mit Wut beginnt mit dem Erkennen ihrer Signale – und dem bewussten Ausdruck.
Ob durch Entspannung- oder Meditationsübungen (schau gerne mal unter diesem link auf der SFU-Seite unter den angebotenen Präventionskursen nach) Bewegung oder kreatives Gestalten: Kunst bietet einen Raum, in dem Wut nicht schaden muss, sondern transformiert werden kann.
Musik, Bilder, Collagen oder Skulpturen ermöglichen es, die Emotion zu greifen – und ihr in sicherem Rahmen Form zu geben.

Wie gehst du mit deiner Wut um?
Lässt du sie raus – oder schluckst du sie hinunter?

Rot- eine symbolhafte, aktive Farbe- sowohl im Märchen als auch in der Realität!

Ob als Signalfarbe im Strassenverkehr, als ausdrucksstarkes Kontrastelement in Märchen oder im Alltag allgemein:

Man kann der Farbe Rot nur schwer entkommen, beim Betrachten- ja bereits in der Vorstellungskraft werden komplexe Gefühle angeregt!

Die Farbe Rot im Märchen

Märchen in Rot – Lippen, Rosen, Kappen

Rot ist in Märchen keine zufällige Farbe. Es ist die Farbe der Heldinnen – und manchmal auch ihrer Widerspenstigkeit. Ob als Lippenrot, Käppchen oder Namenszug: Rot steht im märchenhaften Kontext für Lebenskraft, Schönheit, Mut und oft auch für das Überschreiten von Grenzen.

Schneewittchens Lippen – das Rot der sinnlichen Schönheit
„So weiß wie Schnee, so rot wie Blut, so schwarz wie Ebenholz“ – kaum ein Farbbild in Märchen ist ikonischer als das von Schneewittchen. Ihre blutroten Lippen sind der Inbegriff märchenhafter Schönheit, Symbol für Lebenskraft und Verlockung zugleich. Inmitten ihrer Todesnähe – dem giftigen Apfel, dem gläsernen Sarg – bleibt dieses Rot ein Zeichen des Lebens. Es leuchtet gegen das Vergessen an.

Schneeweißchen & Rosenrot – zwei Pole der Weiblichkeit
In dem weniger bekannten Märchen Schneeweißchen und Rosenrot treffen wir auf zwei Schwestern, die sich nicht nur im Namen unterscheiden. Während Schneeweißchen sanft und häuslich erscheint, ist Rosenrot das ungestüme Gegenstück: mutiger, freier, weniger angepasst. Ihr Name ist Programm. Sie hackt Holz, öffnet dem Bären beherzt die Tür und hat keine Scheu vor Wildheit. Vielleicht ist Rosenrot die erste rot gekleidete Rebellin der Märchenwelt – unerschrocken, lebendig, rot bis in die Haarspitzen.

Rotkäppchen – das Kind, das den Weg verlässt
Rotkäppchen ist wohl die bekannteste Trägerin der Farbe. Ihre rote Kappe macht sie sichtbar – für den Wolf, für die Welt, vielleicht auch für sich selbst. Sie gehorcht nicht, nimmt sich den Umweg durch den Wald, bleibt stehen, fragt nach, staunt – und wird zur Figur, die das Märchen bewegt. Auch wenn sie scheinbar scheitert, ist sie es, die die Geschichte ins Rollen bringt. In ihr steckt mehr Eigensinn als Naivität, mehr Mut als Manier.

Rotes Märchenleuchten – weiblich, widersprüchlich, wahrhaftig

Ob als sinnliche Geste, als rebellische Kraft oder als Zeichen von Selbstbehauptung: Die Farbe Rot verleiht den weiblichen Märchenfiguren Tiefe, Kontrast und Charakter. Sie ist nie nur Zierde – sie ist Ausdruck. Für Eigenwilligkeit, für Grenzgang, für Lebendigkeit.

Rot im Märchen ist kein Flackern sondern vielmehr ein Aufleuchten gegen das Erwartbare – gegen Schweigen, gegen Anpassung, gegen das Verschwinden. Vielleicht tragen wir alle ein bisschen Rosenrot und Rotkäppchen in uns. Vielleicht brauchen wir manchmal nur eine rote Kappe, ein Paar mutige Lippen oder ein kleines Feuerholzstück in der Hand, um uns selbst daran zu erinnern.

Die Farbe Rot im Sport

Die Rote Laterne – Farbe der Letzten?

Wer die Rote Laterne bekommt, steht im sportlichen Feld auf dem letzten Platz. In Wettbewerben wie der Tour de France oder in der Fußball-Bundesliga wird damit traditionell der oder die Letztplatzierte bezeichnet.

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Eisenbahnwesen: Am letzten Waggon eines Zuges hing früher eine rote Laterne – das Schlusslicht. Sie signalisierte: Hier endet der Zug. Alles ist vollständig. In gewisser Weise war sie also ein Sicherheitszeichen, ein sichtbarer Abschluss. Diese leuchtend rote Markierung diente nicht nur der Orientierung, sondern auch der Kontrolle – denn fehlte sie, wusste man: Etwas stimmt nicht.

Übertragen auf den Sport bedeutet das: Auch das Schlusslicht gehört dazu. Der letzte Platz ist nicht einfach nur „schlecht“, sondern integraler Teil des Ganzen. Er macht das Feld komplett. Und manchmal erzählt er sogar die interessanteren Geschichten – vom Durchhalten, vom Pech, von der kleinen Schwester des großen Erfolgs.

Farbsymbolisch ist das spannend: Rot steht ja nicht nur für Liebe, Kraft und Leidenschaft – sondern auch für Warnung, Aufmerksamkeit und markante Grenzsetzung. Die Rote Laterne leuchtet also im doppelten Sinne: Sie warnt – aber sie weist auch den Weg.

Vielleicht ist die Rote Laterne deshalb nicht nur eine ironische Trophäe der Letzten, sondern auch ein Symbol für Sichtbarkeit – leuchtet hin, wo sonst keiner hinschaut. Für Wertschätzung – auch am Rand. Und für die Kraft und Ausdauer, weiterzugehen, auch wenn man manchmal hinterherhinkt.

Im Rotlicht-Milieu zwischen Verborgenheit und Sichtbarkeit

Die Rote Laterne hat noch eine ganz andere Geschichte – jenseits von Sport und Eisenbahn. In vielen Städten – besonders in Hafenvierteln – diente die rote Beleuchtung über Türen und Fenstern als diskrete, aber unmissverständliche Kennzeichnung von Bordellen. Die Rote Laterne wurde so zum Symbol für ein Gewerbe, das im Verborgenen arbeitet – und gleichzeitig auf Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit angewiesen ist.

Rot – als Farbe der Leidenschaft, des Begehrens, aber auch des Tabus – ist hier nicht zufällig gewählt. Die Rote Laterne leuchtet in der Nacht, zieht an, verspricht etwas, was im Tageslicht oft nicht ausgesprochen wird. Sie steht für Grenzbereiche – zwischen Öffentlichkeit und Intimität, zwischen gesellschaftlicher Duldung und moralischer Bewertung.

Interessant ist: In beiden Bedeutungen – ob als Schlusslicht im Rennen oder als Zeichen eines verborgenen Raums – steht die Rote Laterne für Sichtbarkeit an den Rändern. Sie zeigt das Ende an, aber auch den Übergang in ein anderes Terrain. Sie macht sichtbar, was sonst leicht übersehen oder verdrängt wird.

So wird die Rote Laterne fast zu einem poetischen Symbol: für das Nicht-Mitten-Drin, für das Randständige – aber auch für das Unverzichtbare im Gesamtbild. Für das, was leuchtet, wenn andere Lichter ausgehen.

Rot in der Werbung/ Mode – Verführung im Rampenlicht

In der Werbewelt ist Rot ebenfalls die große Verführerin. Kaum eine Farbe zieht so unweigerlich den Blick auf sich. Sie signalisiert:

Schau hin! In Verkaufspsychologie und Marketing spricht man vom sogenannten „Reizfarbeneffekt“ – Rot steigert Aufmerksamkeit, weckt Emotionen, verspricht Intensität. Kein Wunder also, dass Sale-Schilder, Lippenstifte und Luxusmarken so gern zu dieser kraftvollen Farbe greifen (Quelle u.a.: https://www.woa.de/de/blog/farbpsychologie-die-wirkung-von-farben-im-marketing).

In der Modewelt gibt es Marken-Zeichen, die sofort ins Auge springen – die rote Schuhsohle von Christian Louboutin gehört zweifellos dazu. Sie ist längst mehr als ein modisches Detail: ein begehrtes Markenzeichen, das weltweit kopiert, aber nie erreicht wird.

Dabei entstand die Idee ganz aus dem Moment heraus. Als Louboutin den Prototypen seiner neuen Schuhkollektion begutachtete, setzte Ernüchterung ein: Der helle Schuh mit schwarzer Sohle wirkte bei näherem Betrachten überraschend gewöhnlich – ihm fehlte das gewisse Etwas. Der Zufall kam zur Hilfe in Form eines knallroten Nagellacks, den eine Mitarbeiterin gerade bei sich trug. Spontan griff Louboutin zum Pinsel und färbte die Sohle leuchtend rot. Die Wirkung war sofort da!

Was auf den ersten Blick wie ein kleines Accessoire erscheint, entpuppt sich als cleverer Werbeeffekt: Das kräftige Rot zieht unweigerlich den Blick nach unten, betont den Fuß, verändert die Körperhaltung – und verleiht der Trägerin eine subtile, aber spürbare Aura von Selbstbewusstsein und Macht.

So wird aus einem einfachen Farbauftrag ein Signal – elegant, verspielt, provokant.

Doch inmitten all der plakativen Verlockung verliert das Rot nie ganz seine Ambivalenz. Es bleibt eine Farbe mit Tiefe – ein bisschen gefährlich, ein bisschen verboten, immer lebendig. Und genau hier schließt sich der Kreis zur Roten Laterne: Sie ist nicht nur ein Werbesignal, sondern auch ein Grenzzeichen. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Zwischen Einladung und Warnung.

Zu guter Letzt: die Rote Karte

Ich zeig mir selbst die Rote Karte
Heute gibt’s einen kleinen Platzverweis – für mich selbst. Ganz ohne Umschweife, aber mit einem wohlwollenden Augenzwinkern. Denn dieser Text, den du gerade gelesen hast, trägt nicht – wie sonst üblich – meinen ganz eigenen Ton von Anfang bis Ende. Ich habe ihn in Teilen übernommen, nicht wirklich durchgeknetet, nicht auf meine Sprache eingeschliffen.

Ich bin in diesem Farbabschnitt den leichteren Weg gegangen. Zwar stammen die Inhalte, Impulse und Zusammenhänge von mir, aber für die finale Ausformulierung hatte ich keine Kraft- vielleicht fehlte mir das wallende Rot in den Adern, denn, zugegebener Maßen, hat mich diese Farbe- anders als die vorangegangenen- deutlich mehr gefordert, mir einen Spiegel vorgehalten und unbewusste Prozesse angekurbelt…!

Wie gut, dass es bald mein Offenes Atelier zum Thema ‚Rot‘ gibt- so kann ich selber ausleben, was unverarbeitet an die Oberfläche getreten ist…!

Also – Rote Karte an mich.
Aber: kein Rauswurf vom Spielfeld- eher ein kleiner innerer Anpfiff, ein freundlicher Reminder, es beim nächsten Mal wieder mit mehr Hingabe anzugehen.

Denn Schreiben, so wie ich es liebe, ist ein Spiel mit Herzblut. Und Rot bleibt – in aller Konsequenz – auch immer die Farbe der Leidenschaft.

Eure Kerstin in Zusammenarbeit mit Chat-GPT

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Seit einigen Jahren recherchiere ich zu dem ducrhaus komplexen Thema ‚Farben’… zu ihrer Herkunft, Bedeutungen, kulturellen Unterschiede uvm.  

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